Mach doch einfach was Du willst!

Leben auf dem Peloponnes

Mach doch einfach was Du willst!

Mach doch was Du willst! … sagte mein Vater zu mir, wenn er meinen Gedanken nicht mehr folgen konnte. Aus seinen Worten der ablehnenden Resignation erwuchs in mir der Wunsch es zunächst ihm und später dann mir selber zu beweisen. Das Leben verspricht mehr als die Verpflichtung, es jedem recht zu machen. Jetzt mach ich einfach mal was ich schon immer wollte und verwirkliche meinen Traum vom Leben im Haus am Meer. Ich mache jetzt mal, was ich wirklich will.

Deshalb lebe ich jetzt meist in Griechenland.

Warum ausgerechnet Griechenland? Es gibt für mich viele gute Gründe, meinen Lebensmittelpunkt tendenziell ins Land der Götter, genauer gesagt „auf den Peleponnes“ zu verlegen und mir hier eine 2. Heimat zu erschaffen. Hier die wichtigsten:

Warum ich meinen Lebensmittelpunkt überwiegend nach Griechenland verlege: 7 gute Gründe

  1. Das Wetter

Deutschland hat bis zu 266 Regentage im Jahr. O.k. das gilt zwar nur für Halle an der Saale und ich wohne in Bamberg. Aber auch bei mir in Bamberg ist es an doppelt so vielen Tagen trüb und nass als in Kalamata. Obwohl in Kalamata aufs Jahr gerechnet sogar mehr Regen fällt als zu Hause, hat es doppelt so viele Sonnentage und auch an Regentagen reißt am Meer immer mal der Himmel auf. 

Bamberg ist übrigens eine ganz tolle Stadt, nur eben nicht bei Regen. Ich habe genug vom Kalt und Grau in Deutschland. 6 Monate gefühlter November und 6 Monate kein Sommer. Jetzt im Januar zeigt mir die WetterApp für Bamberg die nächsten Tage Temperaturen um den Gefrierpunkt während Kalamata mit jedem Tag Sonnenschein bei 2-stelligen Tagestemperaturen punktet. Tagsüber laufe ich im Januar im T-Shirt rum und sitze im Straßencafe in der Sonne. Genau mein Wetter!

2. Die Lage

Kalamata hat 70-tausend Einwohner, und ist damit etwa genauso groß wie Bamberg. In Kalamata findet man alles was man zum Leben im Süden braucht und Kalamata hat, auf den 2. Blick erstaunlich viel Charme. Es überzeugt mit weiten Stränden, guten Restaurants, einer ansprechenden Mariana. Kalamata ist die südlichste Großstadt des europäischen Festlandes und das Zentrum des griechischen Regionalbezirks Messenien auf der Halbinsel Peleponnes. Die Berge steigen direkt hinter der Stadt steil bis auf über 2000 Meter spektakulär an. Kalamata liegt auf der Höhe Tunis in Afrika und hat aufgrund des außergewöhnlichen Mikroklimas selbst im Januar noch durchschnittlich 4,6 Stunden Sonne und eine 2-stellige Durchschnittstemperatur. Es gibt nur 76 Regentage im Jahr, in denen allerdings beachtliche 782,3 Millimeter Regen fallen. Im Vergleich dazu hat Bamberg 1,6 Stunden Sonne im Januar bei 0,9 Grad, und 515 Millimeter Regen an 142 Tagen. Der Vergleich der durchschnittlichen Sonnenstunden übers Jahr beträgt 7,5 zu 3,7 und somit 2:1 für Kalamata.

Die vergleichsweise hohen Niederschlagsmengen sind die Erklärung für eine äußerst fruchtbare Landschaft, in der Orangen, Zitronen, Mandeln, Avocados, Feigen und vor allem Oliven hervorragend gedeihen.

Es gibt wunderbare Strände mit sauberem Wasser, die jetzt im Juni noch weitgehend leer sind. Die Wassertemperaturen steigen auf 25 Grad im August, haben immer noch angenehme 22 Grad im Oktober und baden geht ohne Schüttelfrost bis Anfang Dezember. Die Freude am kontinuierlichen Schwimmen im Meer wird endlich Erfüllung finden. 

3. Das Licht

Im Winter nehme ich Mittags ein Sonnenbad und schaue auf schneebedeckte Berge, während es Zuhause einfach nicht Tag werden will. „Wann wird es hier mal hell?“ fragte der Grieche, den das Schicksal im November an den Bodensee verschlug? Die Antwort: „Im Mai“.

Weis und Blau sind Farben der griechischen Flagge, genauso wie die der Bayrischen. König Otto aus Bayern hinterließ den Griechen, neben ein paar repräsentativen Bauten u.a. diese Flagge. Im Gegensatz zu Bayern, wo sich der Himmel nur an Festtagen weiß und blau zeigt, gehen in Griechenland Wasser, Land und Licht eine unvergleichliche Symbiose ein, die Dichter, Künstler und Fotografen seit jeher zu inspirieren vermag. Eine strahlende Sonne, tiefblaues Meer, unendlich blauer Himmel und weiß getünchte Häuser sind in Griechenland allgegenwärtig und unterstreichen den einzigartigen Zauber dieses Landes. 

4. Das Meer

Auch wenn die Reiseführer behaupten in Griechenland gäbe es karibische Strände, so halte ich das eher für ein Gerücht der Tourismuszentrale. Es gibt Strände, die aufgrund der hellen Sand- oder Kieselfarbe smaraktfarben leuchten wie in der Karibik, doch sind es Strände des Mittelmeeres und verwöhnt vom mediteranen Klima. Bei einer Küstenlänge von über 13600 km ist das Meer nie weit und schon vor Tausenden von Jahren entwickelten sich Hochkulturen, in denen die Menschen sich von der Schönheit und Weite des Meeres inspirieren ließen. 

5. Die Sprache

Ne heißt Ja und Morgen heißt Nein.

Griechisch ist eine Sprache für Hochintelligente. Deshalb wie für mich gemacht. Nicht dass ich mich der Hoffnung hingebe, jemals perfekt griechisch sprechen zu können. Jedenfalls ist Omikron ursprünglich kein Virus, sondern ein griechischer Buchstabe. Aber es bleibt ein Rätsel, warum es 2 Buchstaben für O gibt, Omega und Omikron. Beide klingen gleich wie Otto, daneben gibt es 3 Buchstaben, die wie I gesprochen werden. Das fordert meinen Intellekt.

Die Jungs heißen hier Adonis, Appolon oder – mein Favorit: Analipseos. O.k. Analipseos ist ein griechischer Feiertag und ich weis nicht, ob ich meinen Jungen so nennen würde, aber ich kann mir vorstellen, dass Analipseos in der Schule mehr Aufmerksamkeit genießt als Luis, Paul und Ben. Wer allerdings glaubt, man würde diese Sprache quasi im Vorbeigehen lernen, wenn man sich nur lange genug im Lande bewegt, wird schnell eines Besseren belehrt. Kaum grüßt man mit dem landesüblichen Kali méra und bedankt sich artig mit efcharistó, antwortet der Grieche englisch, um seinerseits zu glänzen. Mit Dir spricht der Grieche in der Regel englisch, weil er es nett meint, aber auch weil seine Sprache wenig korrumpiert und damit auch wenig zugänglich ist. Die Griechen litten jahrhundertelang unter der Unterdrückung durch das osmanische Reich, was den besonderen Bezug zu ihrer Sprache und ihrer Kirche erklärt. Die Sprache ist wenig anfällig für Anglizismen. Es gibt kein Mc Donalds, o.k. heißt entaxi und Cola trinkt der Grieche auch nicht. Dafür lebt er im Schnitt ein paar Jahre länger, was unterer anderem an der mediteranen Kost und an dem stressreduzierten Leben liegen mag. 

Chronos ist die göttliche Personifikation der Zeit und wird mit Kronos, dem Vater des Zeus, gleichgesetzt wurde. Deshalb wünscht man sich zum Namenstag und anderen Gelegenheiten chronia polla, also noch viele Jahre Lebenszeit. 

6. Die Infrastruktur

Seit 2 Jahren suche ich in und um Bamberg intensiv nach einem bezahlbaren zu Hause. Ich bin wirklich nicht anspruchsvoll, aber ein Platz im Grünen, ohne unmittelbar der Willkür nervender Nachbarn ausgeliefert zu sein, lässt sich mit meinem Geldbeutel in und um Bamberg einfach nicht verwirklichen. Ich finde hier einfach keinen bezahlbaren Platz, der mir das Gefühl von Unabhängigkeit verspricht, ohne 1000 Kompromisse eingehen zu müssen. 

Ich stelle fest, ich brauche keine räumliche Nähe mehr zu einem hochbezahlten Job. Schulen und Kindergärten sind nicht mehr relevant, meine Tochter steht auf eigenen Beinen und der Kontakt zu Freunden und Bekannten hat sich im letzten Winter, der bis Mai ging, ohnehin ins Virtuelle verlagert. Was ich brauche ist Licht und ein verlässliches Internet. Und genau das gibt es in Griechenland zu bezahlbaren Preisen.

Während daheim meine Gesprächspartner von einem Funkloch ins Nächste rauschen, fahre ich auf dem Peleponnes stundenlang durch malerische Landschaften und die Freisprecheinrichtung sorgt für tadellosen Empfang.

7. Die Kultur

Griechenland ist bekannt als Wiege der Demokratie. Bereits im Altertum trafen sich die Männer nach getaner Arbeit auf dem Markt, wobei täglich 2 Stunden als angemessen galten. Sie sprachen über Politik, Gott und die Welt. Diese lebensfreundliche Kultur hat sich bis heute erhalten. Das Kafenion als Ort der Begegnung ist Teil einer Kultur, die Neugier auf das Fremde befriedigt. Der Fremde ist auch kein Fremder, dafür hat die Sprache keine Wörter. Der fremde heißt hier Gast und Gastfreundschaft ist Teil einer Kultur, die seit Anbeginn der Zeit die Söhne des Landes übers Meer in fremde Länder entsandte.

Sorry Deutschland. Ich habe Dir viel zu verdanken und jahrzehntelang immer brav meine Steuern bezahlt. Klar Steuern muss ich auch in Griechenland zahlen und schlechte Politik gibt’s überall. Aber der Tanz ums goldene Kalb, die ständige Auseinandersetzung mit Besserwissern und Pseudoexperten bin ich sowas von leid. Klar Zuhause ist es am Schönsten, das gibt man nicht einfach auf, aber besseres Klima, Licht und auch Kultur gibt’s eben in Griechenland.

 

Schnell wird klar, wohin die Reise geht. Meine Recherche führt zu einem eindeutigen Ergebnis: Auf dem südlichen Peleponnes gibt es durchschnittlich 10° besseres Wetter, doppelt soviel Sonnentage und fürs Internet muss ich nicht auf eine Leitung warten, die nie kommt. Außerdem ist der Blick aufs Meer noch bezahlbar und so ist meine Entscheidung gefallen.

Inseln scheiden aus. Im Winter sind Inseln schlecht erreichbar und den Anschluss an Zivilisation und Kultur möchte ich nicht verlieren. Außerdem machen mich reine Touristendestinationen, sowohl während der Saison als auch außerhalb der Saison, depressiv. Die neue Heimat muss also abgelegen und dennoch mit Auto und Flugzeug immer zu erreichen sein. Mindestens ein Fußballfeld groß darf mein Grundstück sein und einen unverbauten und unverbaubaren Blick mit Sonnenuntergang aufs Meer bieten. 

In Messenien, auf dem Peleponnes finde ich mein Paradies. Die Durchschnittstemperaturen liegen selbst im Winter im 2-stelligen Bereich und ich darf mich nun zu den Kindern der Sonne und des Lichts zählen. 

Ich tauche ein in eine Kultur, die ohne den krankhaften Zwang zur Perfektion auskommt. Die Bewohner sind stolz, schließlich ist Griechenland die Wiege der Zivilisation, sie nehmen es in der Regel nicht ganz so genau und sind immer noch sehr gastfreundlich. Dem Griechen gilt Dummheit neben Geiz als eine der verachtungswürdigsten Eigenschaften. Also wäre ich als Grieche doch dumm, meine Möglichkeiten nicht auszuschöpfen. Ich weis, hier bin ich richtig. Hier darf ich 5e auch mal gerade sein lassen. Deshalb werde ich jetzt Freizeitgrieche.

Ich schaue von oben aufs Meer, ohne dass noch eine Straße meine Aufmerksamkeit stört. Ich nenne 30 Olivenbäume mein eigen und hole mir das Kaminholz für behagliche Winterabende aus dem Wäldchen, das zu meinem Grundstück gehört. Landschildkröten und 2 altersschwache Esel haben hier ein zuhause gefunden und ich freue mich jeden Tag mehr an der Entdeckung der Langsamkeit. 

Soweit der Traum. Und jetzt gehts an die Umsetzung!

Robin

Geboren um zu leben

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